Feb. 222012
 

Star Wars Episode 2 – Naboo’s Königin Jamillia

Ein paar Beobachtungen und Gedanken zum Originalkleid, was die Reproduktion angeht – ich habe diese im Laufe der Zeit aufgeschrieben, also wird einiges davon doppelt sein, aber es sind auch immer wieder neue Informationen dabei.
Diese Art von Brainstorming mache ich eigentlich immer, bevor ich mit einem Kostüm anfange und während ich auf verschiedene Bilder starre und, wenn es ein Kostüm aus einem Film ist, schaue ich mir die Szenen auch mehrmals an und schreibe Notizen auf – manchmal im Laufe von Wochen und Monaten, was davon abhängt, wie zufrieden ich mit meinen bisherigen Gedanken bin.

So ein Brainstorming liest sich dann so:

  • Das weiße Unterkleid – oder Kirtle – geht bis weit über die Taille hoch, kann daher nicht mit einem Elizabethanischen Petticoat und Forepart ersetzt werden. Meine erste Idee war, einen Petticoat mit Oberteil zu machen, aber das funktioniert hier nicht.
    Daher habe ich entschieden, eine Kirtle (ebenfalls ein historisch-Elizabethanisches Kleidungsstück) zu machen, was ja auch Sinn macht – endeffektlich sieht das komplette Kleid ja wie ein Elizabethanisches Loose Gown mit Kirtle darunter aus.
  • Die Ärmel des schwarzen Überkleides hingegen sind überhaupt nicht historisch-Elizabethanisch. Sie sehen irgendwie wie eine Kreuzung aus hängenden und spanischen Ärmeln aus; aber wenn man sie näher betrachtet, sieht man, daß sie eine ganz andere Form haben.
    Auch scheint es so, als wären das Kleid und die Ärmel zwei verschiedene Teile – rechter und linker Ärmel scheinen miteinander verbunden zu sein und werden wie ein Shrug über dem schwarzen Überkleid getragen.
  • Der hängende, perlenbesetzte Einsatz vorne könnte am Kragen befestigt sein
  • …genau wie die Ärmel, zumindest theoretisch.
  • Die Rückseite des Kleides sieht ebenfalls wie ein Loose Gown aus, wenn man davon absieht, daß da hinten eine große Godetfalte eingesetzt ist, die etwa in der Mitte des Rückens anfängt. Leider gibt es anscheinend nur EIN Bild, welches das Kleid von hinten zeigt.
  • Die äußere Form des gesamten Kleides, wenn man sich den Kragen, den Einsatz und die Ärmel wegdenkt, sieht stark nach zwei Kleidern aus, die in Janet Arnold’s „Patterns of Fashion – The cut and construction of clothes for men and women c. 1560-1620“ beschrieben werden:
    nämlich der Kirtle und dem Loose Gown aus dem Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg, 1570/90 auf den Seiten 109 – 112 (diese Kombination ist auch auf dem Cover des PoF-Buches).
    Vergleicht das mal (ich habe die Illustration aus PoF mal gespiegelt, um den Vergleich einfacher zu machen):

    Sieht recht ähnlich aus, oder?
    Ich glaube, ich sollte diese beiden Kleider als Basisschnittmuster für Unter- und Überkleid benutzen, und dann einen weiteren Kragen mit den Ärmeln konstruieren.
  • Um die genaue Größe des Reifrockes zu bestimmen, benutze ich Mathematik zur Kreisberechnung – und ja, danke, ich weiß, warum ich in Mathe aufgepasst habe:
    Wenn ich annehme, daß Jamillia so groß ist wie ich, was 178cm mit Schuhen wäre – dann kann ich anhand des Bildes sagen, daß der Durchmesser von Jamillia’s Rock unten etwa 1/2.5 dieser Größe ist, was 71,2cm wären.
    Durch Multiplizierung dieses Durchmessers mit Pi (3,14159265358979) kann ich dann den Saumumfang berechnen, der etwa 224cm betragen muß. Die nächste Größe eines fertigen Brautreifrockes ist 220cm – weshalb ich mich für diese Größe entschieden habe.
  • Um den Rock der Kirtle zu konstruieren, der flach über dem Reifrock liegen muß, wäre es gut, den Rockumfang etwa 10 cm weiter als den Reifrock zu machen – was heißt, der untere Rockumfang der Kirtle muß etwa 230cm betragen.
  • (Achtung – dieser Teil ist etwas, das ich revidieren mußte. Es gibt nichts rautenförmiges auf dem Einsatz. Man sieht das ganz gut auf den größeren Ausstellungsbildern bei Padawansguide. Diese Planung habe ich revidiert, als ich angefangen habe, meinen Einsatz mit Perlen zu besticken; aber damit das Brainstorming vollständig bleibt, habe ich meine ursprünglichen Gedanken hier stehen gelassen.)
    Ich glaube (könnte aber falsch liegen), daß der vordere Einsatz mit schwarzen und dunkel-goldenen Pailletten besetzt ist (was es für mich einfach machen würde – da könnte ich einfach hingehen und einen Meter oder so fertigen Paillettenstoff kaufen), und über dieses Pailletten sind rautenförmige Perlen-Appliqués gesetzt. Diese Rauten sind oben größer und unten kleiner; außerdem überlappen sie zumindest oben.
    Hier ist ein Bild davon, was ich meine:

    Links = unbearbeitete Version; rechts = markierte Version.
    Die roten Rauten sind meiner Meinung nach die rautenförmigen Perlen-Appliqués, die oben überlappen und unten kleiner sind. Außerdem haben sie entweder Straßsteine oder Schliffperlen in der Mitte.
    Der blaue Kreis oben markiert die obere Form, die rund zu sein scheint (und so eine Art Flügel- oder Herzsymbol aus silbernen Perlen hat)
    Die grünen Pfeile markieren die losen Stränge aus Perlen, die von oben herunterhängen.
    Naja, zumindest ist das das, was ich GLAUBE, da sehen zu können. Die Rautenformen könne man aus Draht mit Perlen machen; aber es wird wohl einige Zeit in Anspruch nehmen… naja, da ich kein bestimmtes Datum für dieses Kleid habe, kann ich mir Zeit nehmen…
  • Nach der Vergrößerung des Kirtle-Schnittmusters kann ich sagen, daß der Umfang etwa 260cm sein wird – recht dicht an dem, was ich berechnet hatte; 40cm sind nicht viel, was Reifrockumfang angeht….
    Allerdings weiß ich nun, daß ich besser nach einem 250-cm-Reifrock schauen sollte.
    Ich sollte auch nach einem schauen, der mindestens drei stabile Reifen hat; das Gewicht der Kleider würde ihn sonst verformen
    (und auch hier muß ich revidieren; endeffektlich habe ich die Farthingale meines Pelican gown für dieses Kleid benutzt, die zufällig genau die richtige Größe hat 😀 )
  • Ich muß eine Lösung für die Perlmutt-Teile im Kopfschmuck finden.
    Echter Perlmutt ist zum weinen teuer, und ich habe bisher noch nicht mal EIN Teil gefunden, was die richtige Größe haben würde.
    Es hat von 2005 bis zum Ende von 2011 gedauert, bis ich eine praktikable Idee für einen Ersatz gefunden hatte. Googled mal „Drum Wrap“ oder schaut auf meine Drum Wrap Anleitung 😉
  • Was das Schnittmuster betrifft, gibt es eine Art gigantischen Foreparts bei der Kirtle aus Patterns of Fashion.
    Naja, es ist nicht wirklich ein Forepart, sondern ein Stück „weiche elfenbeinfarbene Seide mit feinen Silberfäden in der Webrichtung (…), bestickt mit schwarzem Seidenfaden, der aussieht wie Knopflochgarn und 3mm Spangles in blaugrauem Metall“1, das auf der Vorderseite der Kirtle festgenäht ist. Dies ist der Teil der Kirtle, der unter dem Loose Gown zu sehen ist.

Planung fertig:

Nach dem oben beschriebenen Brainstorming hatte ich also folgenden Plan:

  • Konstruktion von Kirtle und Loose Gown nach dem Schnittmuster aus „Patterns of Fashion“.
  • Die Ärmel werden als eine Art Shrug konstruiert, damit ich sie über dem Loose Gown tragen kann.
  • Das Unterkleid mache ich aus dem PoF-Kirtle-Schnittmuster, in weißem Jacquard den ich noch habe. Falls ich die Nerven haben sollte, werde ich die vordere Mitte und die Borten der Ärmel und des Kragens auf kurzflorigem hellem Samt aussticken, und zwar so, wie Jamillia’s Kleid bestickt ist.
  • Jamillia trägt enge Unterärmel aus Crashtaft unter den weiteren Cape-Ärmeln:

    Also wird das Unterkleid ein Paar solcher Ärmel bekommen.
  • Ich bin wegen dem „Forepart für das Unterkleid noch nicht sicher – ich werde während ich das Kleid mache, sehen, wie ich das realisiere.
  • Für das Kleid werde ich die Farthingale meines ‚Pelican‘ gowns verwenden. Ja, die ist rot, aber das ist halt dekadent 😉
  • Der Kragen, die Cape-Ärmel und den perlenbestickten Einsatz mache ich als einzelne Teile.
  • Das Kopfstück mache ich… irgendwie. Ich habe da noch nicht so viele Ideen; aber die kommen mir dann schon. Dank der Person, die Fimo erfunden hat, kriege ich glaube ich auch das hin

Nachdem die Planung nun abgeschlossen ist, kann ich anfangen, die Kirtle zu konstruieren, sobald ich mal die Nerven dazu habe *seufz*….

Anhand der neuesten Ausstellungsfotos kann man auch sehen, daß das Unterkleid nicht mit Spitze besetzt ist, wie ich zuerst dachte, sondern komplett bestickt wurde.
Nicht, daß ich das wirklich tun WILL…. wirklich nicht… aber um mir ein bißchen Unterhaltung zu verschaffen, habe ich einfach mal ein Stück der Stickereien aus dem Beispielbild der Ausstellung digitalisiert.
In meinem Stickprogramm sieht das so aus:

Ich glaube, das ist ziemlich dicht dran.
Und weil ich momentan echt gute Laune habe – könnt ihr die *.pes-Datei dieser Stickerei hier downloaden.
Ihr braucht eine Brother-Stickmaschine, um das auszusticken, oder eine Software, die eine *.pes-Datei in das Format Eurer Wahl umwandeln kann.
Die Stickerei ist für einen größeren, 18×13-Rahmen gemacht – wenn ihr den größeren Rahmen nicht habt, dann müßt ihr die Stickerei per Software oder Maschine verkleinern; aber seit Euch klar darüber, daß das unerwünschte Nebeneffekte haben kann (wie auch vergrößern, übrigens).
Das Unterkleid hat übrigens Variationen dieses Stickmusters.

Ich mußte im Prinzip alle Stickereien von verschiedenen Ausstellungsbildern „zusammenstückeln“, da einige aus bestimmten Winkeln aufgenommen wurden und Teile der Stickerei zeigten, die „von vorne“ vom perlenbesetzten Einsatz und / oder dem Überkleid verdeckt waren.

So sah meine zusammengesetzte Collage dann aus. Beachtet, daß das Bild RIESIG ist – es ist im Prinzip lebensgroß:

Vorne, komplett – die roten Linien kennzeichnen die Mitte. Beachtet auch, daß ich nur die Hälfte zusammengestückelt habe (links im Bild) – da die Stickerei symmetrisch ist, war mehr nicht nötig:

Vordere Seite (wieder links), gerade gedreht – wieder zeigen die roten Linien die Mitte (die nun, da ich die Stickerei gedreht habe, im Winkel liegt):

Vordere untere Mitte:

Und hier ist eine Vorschau der Stickereien, die ich mit Hilfe der Collage digitalisiert habe. Wieder sind die Bilder riesig, aber nicht so groß wie die oben. Rote Linien zeigen a) die Mitte und b) in einigen Fällen, wo ich den Rahmen wechseln muß (nochmal zur Erinnerung, das sind Maschinenstickereien!). Natürlich steht es euch frei, die Stickereien mit dem Original oben zu vergleichen und wenn ihr Fehler findet, diese mir nahe zu bringen.

Vordere Seite:

Vordere untere Mitte:

Die Borten an den Ärmeln habe ich ebenfalls digitalisiert.
Hierfür habe ich einen Rapport von 26cm digitalisiert, der viermal in meinen Stickrahmen passt. Der Abstand zwischen den Streifen ist so, daß ich eine Nähkante habe (und die roten Linien zeigen an, wo ich zwischen den Streifen schneiden muß). Ich werde dies auf dem Stoff als Schrägschnitt aufsticken, so daß ich die fertige Borte entlang der Kurve des Ärmels besser einnähen kann:

Natürlich habe ich auch den Kragen digitalisiert. Das war meiner Meinung nach das am Schwersten zu digitalisierende Teil, da die Bilder ja nicht die Oberseite des Kragens zeigen, also mußte ich alles, was sich auf der Schulter befindet, erraten.
Dieses Vorschaubild ist etwas verwirrend. Die Rückseite des Kragens ist links, die vordere Mitte rechts. Die roten Linien zeigen den Rand des Kragens an, die lange rote Linie ist da, um mir den Fadenlauf zu zeigen. Es gibt auch kleine rote ‚V‘ entlang der Randlinie; die passen zu anderen ‚V‘ am schwarzen Samt (wo ich diesen weißen bestickten Samt ja dann annähen muß).
Außerdem deuten einige Linien die Platzierung der Brosche an. Diese Linien brauche ich nicht für die Brosche, sondern um mir beim Digitalisieren von verschiedenen Fotos zu helfen.

Und mal wieder für die Statistik… hier sind die Stickdaten, die ich aus den Statistiken meiner Stick-/Punchingsoftware erhalten habe (ich benutze übrigens Brother’s PE-Design 6, um meine Stickereien zu digitalisieren, und die Maschine, die ich dafür benutzen darf, kann Rahmen von bis zu 16x26cm aussticken).

Teil Stiche Muß gestickt werden… Resultiert in … Stichen
Vordere Seite
222,956 zweimal (x2) – linke und rechte Seite 445,912
Vordere untere Mitte
44,587 einmal (1x) 44,587
Borte für Ärmel 44,039 viermal (da jeder Rahmen mir ein bißchen mehr als einen Meter Borte ergibt, und jeder Ärmel fast zwei Meter davon braucht) 176,156
Verzierung für Kragen 40,210 zweimal (2x) – linke und rechte Seite 80,420
Ergebnis 747,075
(Ja, das sind fast
ACHT HUNDERT TAUSEND Stiche!)
Ebenfalls für die Statistiken:
Ich habe 14 Tage gebraucht, um all diese Stickereien zu digitalisieren (und am Ende fast einen Monat, um sie alle auszusticken).
Ich muß den Stoff auf dem Stickrahmen (20x für die Seiten + 2x für die vordere Mitte + 4x für die Ärmelborte + 10x für den Kragen – letzteres ist nur eine grobe Schätzung- = 36mal versetzen.
Das sind 36mal die Chance, das alles sehr schief geht 🙁
Und wenn ihr keine Ahnung vom Zeitrahmen habt:

Jeder Rahmen braucht eine Stunde bis 90 Minuten, um fertig zu sticken. Allerdings kann ich mich nicht länger als auf zwei Rahmen am Tag konzentrieren (weil das etwas ist, worauf man sich SEHR konzentrieren muß – wenn der Faden reißt, oder der Unterfaden leer ist, oder die Nadel bricht, oder, oder, oder. Man sitzt einfach da und muß das Ding ANSEHEN – das übrigens soviel Lärm wie ein abhebender Jet macht! – und kann nichts anderes tun; nicht mal aufs Klo gehen!).
Das heißt übrigens, WENN ich zwei Rahmen pro Tag sticke, brauche ich immer noch mehr als zwei Wochen, um die ganze Stickerei fertig zu bekommen, WENN ich keinen einzigen Tag Pause mache.
Und das sind NUR die Stickereien; keine Nähereien oder sonstiges wird in dieser Zeit getan!

Neben dem weißen Samt (~2,5 Meter, 150cm breit) und dem Stickgarn wird diese Stickerei übrigens 3 Meter 1m breites Klebevlies verbrauchen (das ich brauche, um die Stickereien bei den Rahmenwechseln exakt zu positionieren) und dieselbe Menge wasserlösliches Vlies (das ÜBER den Stoff gehört, während man ihn bestickt, damit sich der Samtflor nicht durchdrückt).
Was die Garne angeht, so sind sie ein RIESIGER Faktor in diesem Projekt:
Meinen Berechnungen, die mit einem Stickprogramm, was in der Lage ist, Garnverbrauch zu berechnen, zufolge, werde ich etwa 5000 Meter weißes / cremefarbenes Garn und etwa 2500 Meter schwarzes Metallic-Garn brauchen, welches übrigens Madeira’s „Super Twist 30“ in „Black Pearl“, Farbnummer 264 sein wird, dazu etwa 6500 Meter Unterfaden).
Außerdem, da Metallicfäden die Nadeln sehr beanspruchen, veranschlage ich zwei Pakete Schmetz TopStitch Nadeln (pro Paket sind fünf Nadeln enthalten).
Schon die Garne und Nadeln, wenn ich sie auf großen Spulen kaufe, werden etwa 80 EUR kosten!

Nur gut, daß es eine Weile braucht, bis ich diese Spulen erhalte, nachdem ich sie bestellt hatte; also habe ich mit einem anderen Teil am Kleid angefangen; nämlich dem perlenbestickten dreieckigen Einsatz; also soll damit dieses Kleidertagebuch beginnen 🙂

 

1: from Janet Arnold’s „Patterns of Fashion c. 1560-1620“, page 110

Navigation für dieses Kleidertagebuch:

Kommentar verfassen