Mai 222011
 

Recherchen

Das hier:

ist das Kleid, was ich gern nachmachen würde – das hellblaue (respektive lavendelfarbene, je nach dem, welches Bild man sieht oder auf welchem Fernseher man den Film betrachtet…) Kleid von Marie-Antoinette aus dem gleichnamigen Film. Mehr Informationen gibt es bei Costumersguide.
Historisch gesehen ist dies ein leicht falsch geformter Caraco, der mit einem nicht geqilteten Petticoat über einem mit Rüschen dekorierten, kurzen Panier getragen wird.

Die Nähte an der Vorderseite, die wahrscheinlich das Resultat der Änderung des Schnittmusters eines Kleides sind, das eigentlich einen Stecker vorne hatte, zu einem, das keinen Stecker hat, sind im folgenden Bild mit roten Pfeilen markiert; was der Grund dafür ist, wieso ich sie aus meiner Reproduktion entfernt habe. Die Versteifungen (Stäbchen) in der Mitte sind mit blauen Pfeilen markiert; die werde ich behalten.

Das gesagt habend, fange ich mit meiner Reproduktion mal an…

Ich begann damit, mir einige Meter Polyesterduchesse von www.fabric.com zu kaufen – diesen hier in ‚Lake Blue‘, um genau zu sein.
Diese Wahl habe ich aus einer Reihe von Gründen getroffen:
Erstens, diese spezielle Webart (Duchesse) war zu der Zeit schon bekannt. Der Glanz liegt irgendwo zwischen Taft und Satin, also schien es vom Aussehen her eine perfekte Wahl.
Zweitens fühlt sich dieser spezielle Polyesterduchesse nicht wie Polyester an – er fühlt sich eher so an wie eine Viskose-Baumwolle-Mischung und drapiert sich auch sehr schön.
Drittens ist er vollkommen maschinenwaschbar; und das ist ein großer Vorteil gegenüber Duchesse-Seide (die ich für meine Reproduktion von Kaiserin Elisabeth ‚Sissi‘ von Bayern’s Ungarisches Krönungskleid benutzt habe).
Und viertens ist der Stoff sehr viel günstiger als Seidenduchesse 😉

Nachdem ich meinen Stoff erhalten hatte, habe ich ihn erstmal vorgewaschen. Polyester läuft eigentlich nicht ein, aber weil man’s ja nie so genau weiß, habe ich lieber doch gewaschen.

Rock

Dann habe ich angefangen, den Petticoat auf meiner Schneiderpuppe zu drapieren (welche natürlich meine Schnürbrust und die Poschen trägt – da ich die schon hatte, dachte ich, daß ich nicht noch ein kleines Panier für dieses Kleid anfertigen müßte):

Der Fadenlauf des Saumes, der auf diesem Bild nur lose gepinnt ist, ist bei Elizabethanischer, Barocker und Rokoko-Kleidern immer gerade. Die Formgebung über den Poschen wird also an der Taille gemacht, was bei dem Schnitteil am Ende zu einer W-förmigen Taille führt.
Für so einen Rock brauche ich auch kein Schnittmuster, da die Schnittmuster üblicherweise für bestimmte Poschen oder Paniers gemacht sind. Den Rock eben zu drapieren geht viel schneller. Das einzige, was man beachten muß, ist, das der Saum einen geraden Fadenlauf haben sollte und die Falten an der Taille immer zu den Seiten hin laufen müssen. Die Seiten sind übrigens oben eingeschnitten, so daß man in die Poschen greifen kann, die so als Taschen fungieren (realistisch und historisch gesehen wurden darin aber noch weitere Taschen getragen).

Oberteil

Ich habe zuallererst mal das Schnittmuster dieser Jacke aus Janet Arnold’s ‚Patterns of fashion‘ vergrößert und verändert:

Die Änderung betraf natürlich den Stecker (der im Schnittmuster sowieso nicht enthalten ist). Dann habe ich den kurzen ‚Rock‘-Teil (Schößchen) noch ein wenig zur Seite verlegt. Des weiteren habe ich den Ausschnitt verändert, und natürlich auch die Ärmel.
Wie ich schon sagte, habe ich die vorderen Nähte komplett weggelassen, die am Filmkostüm zu sehen sind, um meine Reproduktion formtechnisch gesehen etwas ‚historischer‘ zu machen. Also besteht der Körper meines Oberteiles aus drei Teilen: Die beiden vorderen Hälften, die leicht nach hinten reichen, und das hintere mittlere Teil. Das macht es ein bißchen historischer.
Auch habe ich dieses:

seltsam aussehende, im Schrägschnitt geschnittene Teil unter dem Arm entfernt, was auch nicht historisch ist.

Ich vergleiche mal die Ärmeldekoration des Filmkostümes mit dem in Janet Arnold’s Schnittmuster…

…die sich ziemlich ähnlich sehen. Ich nehme ganz stark an, daß dieses Arnold-Schnittmuster auch benutzt wurde, im das Filmkostüm zu machen.
Zumindest muß es als eine Art Inspiration gedient haben, da die Dekorationen auf der Arnold-Jacke als ‚weiße Organzatrims‘ beschrieben werden, was dem recht nahe kommt, was wir unter dem blau-weißen Trim um den Ausschnitt und entlang der Schößchen im Film sehen.

Dann habe ich das Oberteil zuerst aus zwei Lagen Leinen geschnitten, welches als Futter des Oberteiles dienen wird. Auch sind diese Lagen perfekt, um die Stäbchen zwischen ihnen einzubringen, die bei diesem Oberteil den Faltenwurf verhindern sollen – egal, ob da nun eine Schnürbrust drunter ist oder nicht.
Nachdem ich die Leinenteile mal zum Test zusammengenadelt hatte, bis sie passten, habe ich den Duchesse zugeschnitten und das Leinen mit dem Duchesse wie eine Lage Stoff zusammengenäht.

Das ist eine erste Testdrapierung des zusammengenadelten Oberteiles auf meiner Schneiderpuppe (die selbstverständlich immer noch Schnürbrust trägt!). Die Schößchen und Ärmel fehlen noch.
Ich hoffe, daß man erkennen kann, daß der Ausschnitt noch tiefer kommen soll (da ist eine kleine Naht, die das anzeigt).
Die Seiten zu den momentan noch nicht existierenden Ärmeln hin scheinen noch so breit zu sein, weil da noch eine Nahtzugabe dran hängt.
Oh, und natürlich ist auf dem Bild in dem Oberteil noch kein einziges Stäbchen drin, weswegen es so viele Falten schlägt. Da müssen noch mindestens ein oder zwei Stäbchen hinein.

Hier ist ein Vergleich zwischen dem Original und meinem Oberteil. Bisher bin ich recht zufrieden, außer das die vordere mittlere untere Spitze des Oberteiles noch etwas tiefer sein könnte, und die Taille etwas höher sein könnte. Das kann ich ja noch ändern, wenn ich die Schößchen annähe.

In diesem Bild habe ich schon mal die Ärmel angebracht. Immer noch keine Stäbchen im Oberteil, aber der Ausschnitt ist jetzt fast richtig (muß vorn noch etwas runder sein, aber da alles nur angenadelt ist, sollte das kein Problem darstellen).

Dann habe ich eine Nacht damit verbracht, die Kanten von blauem Taft auszufransen, um die Basis der Borte zu imitieren, was übrigens ziemlich langweilig ist…
Die Borte ist auf dem Oberteil gerüscht, aber gerade am Hut. Deswegen habe ich einfach mal ein Bild des Hutes hergenommen, um zu sehen, ob die Borte richtig aussieht.

Die Abdeckung der Borte ist im Original eine Art weißes Netz. Da ich dieses weiße Netz nicht besonders mag, habe ich entschieden, es mit einer silbrigen, aluminiumfarbenen (das heißt ‚kein glänzendes Silber‘) Borte zu ersetzen, die ihr im Bild sehen könnt. Lasst euch nicht täuschen, das Bild wurde mit Blitz aufgenommen, also wirkt die Borte glänzender, als sie tatsächlich ist.
Warum silber anstelle von weiß, fragt ihr?
Dafür gibt es eine sehr einfache Erklärung: Ich mag silber lieber. Außerdem glaube ich, daß es passt. Und das reicht glaube ich 😉

Hier sind die ersten Bilder des Oberteiles mit den angenähten Schößchen. Immer noch keine Versteifung im Oberteil…

Wie man wahrscheinlich sehen kann, verschwinden die Schößchen optisch fast über dem Rock, wenn sie nicht mit den Borten dekoriert sind.

Der Dreispitz

Ich habe einen Tag damit verbracht, meinen Dreispitz zu machen – der übrigens der erste Hut war, den ich in meinem Leben gemacht habe.
Hier ist er, noch ohne den Stern vorne dran und ohne die Bortenschleife an der Seite, aber ich bin schon total in ihn verliebt, weshalb ich ihn im dritten Bild trage.
Ich habe hier übrigens eine Anleitung dafür geschrieben, wie man einen solchen Hut macht.

  2 Responses to “Marie Antoinette Dreispitz”

Comments (2)
  1. Gibt es zu dem Jaket auch zufällig ein richtige Schnittmuster?

    • Das Schnittmuster aus „Patterns of Fashion“ ist ein „richtiges Schnittmuster“. Man muß es nur auf Körpermaße vergrößern und ein bißchen abändern 🙂

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