Jun 012014
 

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Das Kostüm der Königin Elizabeth I., welches Joanna Page in der 50. Geburtstags-Episode von Doctor Who trug, hatte sofort meine volle Aufmerksamkeit.

Ich dachte nur, oh mein Gott, endlich ein elizabethanisches Kostüm, welches ich auch tatsächlich irgendwo TRAGEN kann!
Denn es ist ja nun einmal so, daß es in Deutschland keine „RenFaires“ gibt, und wenn ich ein elizabethanisches Kleid mache – eine Epoche, die ich kleidungstechnisch unendlich liebe! – dann kann ich das nur für Fotos im Garten anziehen und muss es dann wieder in den Schrank hängen – ein Schicksal, welches zum Beispiel mein Pelican-Kleid „befallen“ hat.

Allerdings ist die Königin Elizabeth I. in Doctor Who etwas ganz anderes, weil ich die tatsächlich auf Sci-Fi Conventions wie der FedCon tragen kann.
Quietsch! 😀

Dinge, die man ändern muß, um das Kostüm historisch akkurat zu machen

Da ich nun die Motivation erklärt habe, lasst mich noch erklären, was ich an meiner Reproduktion ändern möchte (bzw. ändern wollte; manches davon habe ich nicht umgesetzt).
Ändern? Ja, weil ich eine historisch akkurate Version dem bevorzugt hätte, was wir im Film zu sehen bekamen.

Lasst mich anfangen mit dem…

Fehlender Unterrock

Es ist ziemlich offensichtlich, daß bei Elizabeth’s Kleid KOMPLETT die stützende Farthingale, neudeutsch: Reifrock, fehlt.
Hier ist ein Vergleichsbild dessen, wie’s im Film aussieht und wie es historisch gesehen aussehen sollte:

SkirtSupport

Man sieht sofort, wie „labberig“ der Rock von Doctor Who’s Königin Elizabeth im Vergleich zum sehr steifen Rockaufbau der Original-Elizabeth ist. Und ja, irgendwann trugen die mal schlabberige Röcke; aber das war viele Jahre früher – zur Zeit der Tudors. Also muß eine richtige Farthingale auf die Liste – tatsächlich kann ich die tragen, die ich für mein Pelican-Kleid gemacht habe.

Wo wir vom Rock reden –

Eingenähter Forepart

Der forepart – das ist das dreieckige Stück Stoff zwischen den beiden Borten des Überrockes – ist sehr offensichtlich eingenäht, wahrscheinlich um den Stoff zu sparen, den man für einen separaten Unterrock gebraucht hätte.
Man sieht das auf diesem Bild sehr gut, auf dem Joanna Page den Rock anhebt – das vordere Dreieck bewegt sich mit dem zusammen aufwärts, was eigentlich ein *separater*, vorn geteilter Überrock sein sollte:

ForepartSewnIn

Wenn ihr gern wissen würdet, wie das aussehen SOLLTE, wenn es historisch akkurat WÄRE, dann schaut Euch die Seiten „Forepart„, „Petticoat“ und „Overskirt“ meines Queen Elizabeth I. Pelican dress diary an.

Dann haben wir da noch…

Der Y-Gürtel, der ein I-Gürtel ist

Wenn ihr euch das Bild anseht, was ich unter „Fehlender Unterrock“ gezeigt hatte, dann fällt euch auf, daß von der Taille abwärts etwas vom Rock herunterbaumelt.
Allerdings verbirgt sie auf dem Bild die Taille mit den Händen; während auf dem Gemälde an der Stelle sehr deutlich ein Y-förmiger Gürtel, „Girdle“ genannt, sichtbar ist.

Nehmen  wir die Arme mal weg und dann sehen wir….:

DanglingBelt

Wie ihr sehen könnt, ist das baumelnde Ding am Filmkostüm kein Y-Gürtel oder Girdle. Es ist nur ein baumelndes Ding, was nicht um die Taille herumreicht. Sozusagen ein I-Gürtel statt eines Y-Gürtels.

Ich habe mich eine Weile gefragt, was das wohl sein könnte, und irgendwann kam ich dann drauf.

BeltChoti

Es ist eine indische Haardekoration namens Choti. Ich vermute, daß die Kostümabteilung der BBC zwei Chotis genommen und diese entsprechend der Größe (oben groß, unten klein) wieder zusammengefügt hat.
Und wo wir grade von „indisch“ reden – zu DEM Zeitpunkt fragte ich mich dann, ob die Elizabeth aus Doctor Who wohl aus Indien stammen soll, aber mehr dazu etwas später.

Also… um das Kostüm historisch akkurater zu machen, muß der I-Gürtel ein Y-Gürtel werden. Gar nicht schwierig, ich werde zwei Chotis mit einem Sari-Gürtel kombinieren 😉

Zu große Tabs am Rock

Die Tabs am Rock sind die Stoffschlaufen, die von der Taille abwärts am Oberteil befestigt sind. Historisch sind die korrekt – die waren dann allerdings üblicherweise kleiner.
Quite a bit smaller actually. As in, like this:

Skirttabst

Männer trugen größtere Tabs, ja – aber eben nicht Frauen.
Also muß ich Tabs machen, die ein bisschen kleiner sind.

Fehlende Schnürung und Borte auf der Rückseite

Die Vorderseite des Kostüms im Film schließt recht offensichtlich mit Haken und Ösen. Das ist historisch korrekt.
Die Rückseite allerdings…

NoLacing

Nichts. Nothing. Nada. Njente. Nix.

Keine Schnürung und keine Borte, wie sie auf der Vorderseite des Oberteiles zu sehen ist.
Die meisten elizabethanischen Gemälde zeigen die Personen von der VORDERSEITE. Tatsächlich erinnere ich mich an kein einziges Portrait, auf dem die Rückseite zu sehen ist.
ABER wir wissen von überlebenden Kleidungsstücken und Statuen, daß die Rückseite meist eine Schnürung hatte – entweder in der Mitte oder an den hinteren Seiten. Borten sollten ebenfalls auch hinten zu sehen sein.
Das Begräbniskleid der Eleonora di Toledo hat zum Beispiel solche Seitenschnürungen und auch die Borten an der Rückseite.
Also ist auch das etwas, das ich ändern möchte – hinten historisch korrekte Seitenschnürungen anzubringen. Das hat auch einen ganz praktischen Grund – weil das Oberteil eng sitzen muß und mein Gewicht gern fluktuiert, gibt mir eine Seitenschnürung die Möglichkeit, die Größe etwas zu variieren.

All diese Änderungen machen das Kostüm historisch akkurater, aber verändern nicht wirklich das Aussehen. Tatsächlich wird es für diejenigen, die es kennen, immer noch außerordentlich erkennbar bleiben, aber akkurater für die Epoche sein, in der es getragen wurde.

 

Da wir über die schlechten Sachen geredet haben, reden wir nun über die wirklich guten Sachen.

Dinge, die historisch korrekt sind, und Materialien

Korrekte Ärmel

Wie ihr sehen könnt, sind die Ärmel, im Gegensatz zu modernen Ärmel, die als „ein Schnittmusterteil“ konstruiert werden, mit zwei Teilen gefertigt, was in zwei Nähten vorn und hinten am Ärmel resultiert.
Das ist vollkommen historisch korrekt – Ärmel wurden derartig aus zwei Teilen gemacht.

5012318-high-doctor-who

Gesamtform

Absolut historisch korrekt mit den Borten auf Oberteil und Rock, vom fehlenden Rockunterbau mal abgesehen.
Vergleicht mal diese beiden Bilder:

5012305-high-doctor-who

Wie ihr sehen könnt (mal abgesehen davon, daß Eleonora’s Rock nicht vorn geteilt ist), ist die Gesamtform von Elizabeth’s Kleid der von Eleonora Di Toledo’s Begräbniskleid sehr ähnlich.

Die Schleppe und auch die kleinen Falten am Rock sind, wie dieses Bild zeigt, auch auf Elizabeth’s Kleid zu finden. Die Schleppe ist korrekt für Elizabethanische Hofkleidung.

SkirtTrain

Die Unterwäsche

Nochmal, vom fehlenden Rockunterbau mal abgesehen, aber Joanna Page trägt sehr offensichtlich auch Stays („Schnürbrust“, ähnlich, aber komplett anders konstruiert als das, was wir als „Korsett“ kennen)  unter dem Kleid – man siehr auf diesem Bild ganz gut, wie sich die Versteifungen der Stays durch das Oberteil drücken:

StaysBoning

Wenn ihr das mit dem tatsächlichen Aussehen von Stays vergleicht, zum Beispiel diesen, die ich für mein Pelican-Kleid angefertigt hatte:


dann seht ihr sofort, wovon ich sprach, als ich die Versteifungen erwähnte.

Die Borten

Ich glaube, daß die Borten auf dem Originalkostüm entweder von einem Sari oder einer Lehenga stammen, welche beide schwer bestickt und mit Perlen versehen sind. Eine Lehenga ist ein Hochzeitsrock mit einem Umfang von etwa 4 Metern, also wäre die Borte einer Lehenga lang genug für ein ganzes Kleid.
Hier ist ein Bild der Lehenga, die ich für mein Kleid gekauft habe, zusammen mit dem Originalkostüm:

LizSareeCompare

Wie ihr sehen könnt, ist es recht ähnlich, auch, wenn es nicht genau dasselbe ist-
Was die Borten auf dem Kostüm so ungewöhnlich macht, ist die Tatsache, daß dort Blumen eingestickt sind, die wie Sterne aussehen. Die Tatsache, daß die Pailletten, welche UM diese Sterne herum aufgenäht sind, sehr viel helleres Gold aufweisen als die, welche im ZENTRUM der Sterne sitzen, lässt mich vermuten, daß entweder die Sterne oder die Pailletten außen eine spätere Ergänzung der BBC-Kostümabteilung sein könnten.

Erinnert ihr euch noch, was ich beim baumelnden Gürtel sagte? Hier ist also noch eine Verbindung nach Indien: Die Lehenga- oder Sariborten  🙂
Aber wartet, es kommt noch mehr.

Der Schmuck

Ich glaube, daß der Schmuck – Ohrringe und Kette – welchen Elizabeth trägt, ebenfalls indischen Ursprunges sind.
Hier sind ein paar Beispiele für „Bollywood-style“ Schmuck, den ich gefunden habe, als ich mal kurz eine Google-Suche angeworfen habe, im Vergleich zu dem, was Elizabeth trägt.

JewelrySelection

Das wäre dann schon die dritte Verbindung, die Elizabeth’s Kostüm nach Indien hat. Aber es ist nicht die letzte.

Der Stoff

Der Stoff, der für das Kostüm im Original benutzt wurde, ist eine in Rauten abgesteppte, mit Perlen verzierte Dupionseide. Die gibt es recht häufig, allerdings ist die Farbe sehr ungewöhnlich.
Der Stoff von Syfabric’s „dark gold“ oder Puresilk’s „gold“ ist viel zu hell. Und nein, egal, wieviel dunkler Syfabric’s Seide aussieht, es ist dieselbe Farbe wie der Stoff von Puresilk.
Das Ausstellungsbild, welches aufgetaucht ist zeigt, daß der Stoff auch einen sehr deutlichen orangenen Unterton hat.
Meine liebe Freundin Laura von Rockingthefrock wollte für mich nach so einer Farbe suchen; aber sie hat auch nichts gefunden.
Also mußte ich einen Polyester – Nylon – Mix verwenden. Das Zeug war schon in Rauten abgesteppt, hatte aber keine Perlen drauf. Es war auch ein bisschen zu hell und changierte nicht, aber das konnte ich ja ändern; denn durch einfaches Färben nimmt nur der Nylonanteil im Stoff die Färbung an, der Polyesteranteil eben nicht.

Making of the costume

Hier ist der Schmuck, den ich gekauft habe, im Vergleich mit dem Originalschmuck:
Doctor Who – 50th Anniversary Special - The Day of the Doctor
Was ihr hier seht, ist einer der beiden Ohrringe (auf meinem Daumen), die Kette (über die Rückseite der Hand) und ein „Fast-schon-Tudor-Rose-Ring“ auf meinem Finger („Fast“, weil er nur vier statt fünf Blütenblätter aufweist, aber ich fand ihn unglaublich hübsch!).
Und falls ihr euch wundert; ja, der Schmuck ist – wie so viele Teile auf der Liz! – aus Indien; gekauft bei Mirraw; die ich sehr empfehle, da der Schmuck von guter Qualität ist und der Versand sehr schnell geht (ein bisschen mehr als eine Woche von Indien bis Deutschland IST schnell). Beachtet aber, daß Mirraw Schmuck verschiedener Hersteller anbietet; also kann ich nur für die Teile sprechen, die ich gekauft habe.
Die Ohrringe / Kette sind hier und der Ring hier – der Gürtel, den ich ebenfalls gekauft habe, ist nicht abgebildet, da ich ihn noch mit den zwei Choti kombinieren muß, er ist aber hier zu sehen.

Hier ist ein Fortschrittsbild meines Kostümes.
Wie ihr sehen könnt, ist das Oberteil fast fertig (bis auf die Tabs und die Ärmeldekorationen – mir ist der Stoffkleber ausgegangen, den ich dringend brauche, um die schwer bestickten Lehenga-Borten aufzubringen). Außerdem fehlt hinten noch die seitliche Schnürung.
Der Roch ist auch fast fertig, bis auf ein Taillenband. Alles auf diesem Foto ist also im Prinzip nur auf der Puppe festgenadelt.

DressProgress1

Für das Kleid habe ich Margo Anderson’s Elizabethan Lady’s wardrobe pattern benutzt. Im Prinzip habe ich nur das Oberteil von etwas verkürzt und den Rock aus der Rückseite des Überrockes mit halber Hofschleppe mit der Vorderseite des Unterrockes (und einem dann doch eingenähten Forepart…) kombiniert.

Guckt mal! Toll glitzernde Lehenga-Borten! 🙂

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Oh, und dann war da ja noch das Problem mit dem nicht-Perlenbesetzten-Stoff.

Ich habe also einen Perlen-Pen benutzt. Das ging WIRKLICH schnell – mein Sohn hat fast alles gemacht; und er war in unter 4 Stunden fertig.
Und falls mich jetzt irgendwer mit „Kinderarbeit“ anzicken möchte, so sei gesagt:
Erstens ist mein Sohn vierzehn Jahre alt; zweitens möchte mein Sohn ja auch Kostüme von mir (die ich ja auch mache), und drittens, warum sollte er mir nicht mit einfachen Dingen helfen, die er auch noch gerne macht?
Stellt Euch mal alle diese Fragen, bevor ihr euch entrüstet, daß ich meinen Teenager-Sohn den schönen Stoff meines Kleides vier Stunden mit einem Perlen-Pen verzieren lasse.

Der Effekt ist ziemlich überzeugend, oder nicht?

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Hier sind Fotos des fertigen Kostümes auf der FedCon 2014. Und ja, mir hat „mein“ Doktor sogar gleich doppelt einen Antrag gemacht.
Lustige Nebengeschichte:
Mein Sohn war Marty McFly aus „Zurück in die Zukunft“ bei demselben Egvent.
Als die Whovianer herausfanden, daß er mein Sohn ist, rief jemand: „Marty McFly ist der Sohn von Königin Elizabeth! Doktor, WAS HAST DU GETAN?“ 😀

Mehr Fotos dieses Events sind auf der „FedCon“ Event-Seite zu finden.

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Ich, mein Doktor und ein Adipose-Baby!

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Nicht weniger als zwei Doktoren machten mir Heiratsanträge 😉

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Doctor Who Gruppenfoto:

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